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Von verschlossenen Türen und Inklusion

von Karina Sturm.

20 Absagen, ein Vielleicht, kein Ja. Das ist die frustrierende Ausbeute auf der Suche nach einem passenden Fernstudium, dass ich mit all meinen Erkrankungen bewältigen könnte. Dabei habe ich mich nicht einmal geographisch eingeschränkt. Nein, vielmehr habe ich alle deutsch- und englischsprachigen Universitäten kontaktiert, die ein Fernstudium online anbieten.

Mit Inklusion hatte ich mich nie beschäftigt. Wie das eben ist, wenn man’s nicht braucht, dann interessiert es einen auch nicht wirklich. Ist fast mit allem so. Doch plötzlich bin ich in der Situation, dass mir unzählige Türen verschlossen bleiben, weil ich krank bin. Ein Problem, in das wohl die meisten chronisch Kranken unverschuldet geraten sind und für das viele zusätzlich bestraft werden, bei dem Versuch eine Beschäftigung zu finden, die trotz Limitierungen durchführbar wäre.

Als ich krank wurde, war klar, den Job als MTA, für den ich sehr hart gearbeitet habe, würde ich nie mehr ausüben können. Ein harter Schlag, den zu verdauen, einige Zeit gedauert hat. Doch relativ schnell, fand ich eine viel größere Leidenschaft, etwas, das ich nicht nur gern mochte, sondern richtig liebte – das Schreiben. Ich beschloss, ich müsse von Grund auf lernen, wie journalistische Texte aufgebaut sind, um in dem Bereich etwas weiterzukommen. Schreiben konnte ich zuhause, auf dem Sofa, frei von zeitlicher Gebundenheit.

„Eigentlich perfekt“, dachte ich. Wie ich aber so bin, reichte mir ein Fernkurs nicht aus. Ich wollte mehr lernen und können. Ich überlegte, warum nicht einen flexiblen akademischen Grad einer Fernhochschule beginnen. Damit könnte ich mir vielleicht neben der Rente ein kleines Standbein aufbauen. Wäre doch nicht verkehrt. Zudem würde diese Leere, die manchmal einsetzt, wenn ich mich wieder nutzlos und fehl am Platz fühle dadurch verschwinden.

Wochenlang legte ich eine Sammlung an Links an mit möglichen Instituten, die ich kontaktieren wollte. Doch die die ich mir leisten konnte, waren zu unflexibel, was meine Erkrankung anging. Plötzlich stand ich in einem Raum, vor einer Wand und alle Türen waren verschlossen. Ich kam nicht voran, aber auch nicht zurück.

An sich gibt es kaum reine Fernstudienplätze. Die meisten davon haben vorgeschriebene Präsenzzeiten, die meist an Wochenenden und den kompletten Tag lang sind. Und damit stehe ich vor einem Problem, das auf vielen Ebenen nicht zu lösen ist.

Gesundheitlich wäre alleine die Anreise so anstrengend, dass ich viele Tage zur Erholung einplanen müsste. Wie sollte das gehen? Und einen kompletten Achtstundentag würde ich mit meinen Energiereserven vermutlich nicht überstehen.

Unabhängig davon, dass ich physisch dazu nicht in der Lage wäre, darf ein Frührentner sowas auch gar nicht. Denn es gibt ein ganze klares Limit an Stunden die man täglich arbeiten dürfte (und dazu zählt auch studieren). Damit würde jeder, der so etwas tut, eine Kürzung der kleinen Rente riskieren, die sowieso schon nicht groß genug ist, um alleine davon zu leben.

Eine Alternative dazu? Gibts nicht. Die Institute sind leider nicht dazu ausgelegt Kompromisse einzugehen, bzw. für Menschen mit ganz besonders komplexen Situationen eine Ausnahmeregelung zu finden. Da kann ich noch hundert Mal herunterbeten, dass ich sehr gut im Heimstudium bin und dass ich die Präsenzzeiten sicher anderweitig hereinarbeiten kann. Ich weiß dass ich das kann. Schließlich mache ich während meiner Laufbahn als chronischer Kranker nichts anderes. Das wissen die Betreuer nur nicht und eigentlich interessiert es sie auch nicht. Ist halt nicht möglich. Punkt. Keine Diskussion, kein Kompromiss, keine Einsicht.

Aber hey, die Uni ist barrierefrei, ich würde mit einem Rollstuhl hinein kommen, wurde mir gesagt. Das ist natürlich schön, für Rollstuhlfahrer die tatsächlich an den Veranstaltungen teilnehmen können. Doch was ist mit den vielen anderen kranken Menschen, die nicht dazu in der Lage sind?

Viel größer ist diese Barriere im Kopf der Studienveranstalter, die sie nicht daran denken lassen, dass ihr Konzept vielleicht noch einen Plan B benötigen würde, um wirklich jedem das Studium zu ermöglichen.

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